Fast schon wie jedes Jahr – und auf Wunsch wieder fuer alle daheimgebliebenen – die dramatischen Ereignisse von Onkel Marci und Mister Incredible auf einer dreiwoechigen Radeltour ins ungewisse…
Mit dabei ist uebrigens wieder – wie letztes Jahr auch – Mr. Incredible Hausmeister D. (nicht das ich im Moment wirklich wuesste, was ‘incredible’ bedeutet, aber eine Stimme sagt mir gerade, das es irgendwie cool klingt.)
Bericht Nr. 1 – Marci in Gefahr
Ich sitze mal wieder um kurz vor Mitternacht in meiner Dackelgarage, eine kleine Funzel laesst es etwas romantischer wirken und ich lasse die letzten Tage Revue passieren.
Im Hintergrund rauscht das Meer (o.k. es klingt so als würde gleich ein Orkan losbrechen) und die Muecken versuchen trotz sibirischer Kälte vergeblich die Aussenhaut meines Aldi Süd Zelts zu durchbrechen.
Ich bin in Daenemark – Urlaub unter Freunden –
… so erinnere ich mich zumindest an den Werbeslogan im Fernsehen.
Naja stimmt ja auch irgendwie – Mein Nachbar im Nachbarzelt scheint zumindest dieser Auffassung zu sein, wenn man die tiefen Brummgerausche ansich als „positive Welcome Nachricht“ deutet, auch wenn es mich jetzt daran hindert einzuschlafen.
Aber all das macht nichts, da wir heute ausschliesslich (eisigen) Rueckenwind ausgesetzt waren und nur gegen Norden fuhren. Eigentlich richtig Glueck, denn 60 Kilometer mit einem Gesamtgewicht von knapp 140 kg treten sich auch nicht so von alleine.
Aber wie ihr ja von Marci wisst – kommt das Glueck selten allein…
Fakt ist:
Fetter Sonnenbrand mitschiffs, aehh ich meine auf der Nordseite…
… fuehlt sich an, als haette ich etwas frauenfeindliches zu Alice Schwarzer gesagt..
Revue – wie alles anfing:
Um 18 Uhr waren wir nach der Arbeit frohen Mutes in Muenchen Stadt an der Autovermietung (wir hatten keinen Zug mehr bekommen) und ich hatte natuerlich meinen Fuehrerschein zuhause vergessen.. Schon bloed wenn man sich ein Auto ausleihen will.. (und meinen Videotheks, Camping, Jugendherbergsausweis sowie die als letzter Trumpf gezueckte 0815 VISA Kreditkarte hatte die studentische Aushilfs-Blondinne der Autovermietung auch nicht beindruckt)
Also sag ich zu Mr. D: „Du schmeisst schonmal die Radel und unser Uebergepaeck ins reservierte Auto (ein französisches Fahrzeug mit niederlaendischen Kennzeichen) und ich mach ne biege mit dem Taxi nach Hause und hol meinen Fuehrerschein.“
Gesagt, getan – so dachte ich und lass mich mit dem Taxi nach Hause in Giesing chauffieren. Dann der verzweifelte Anruf von Mr. D: Ein hollaendischer Renault, 7 sitzer wo die Sitze nicht zum rausnehmen sind.. Dramatisch.
Und ich – mittlerweile mit Fuehrerschein und Taxi wieder auf dem Rueckweg zur Autovermietung, verwerfe den Gedanken mit einem niederlaendischen Mietfahrzeug Richtung Rostock zu fahren.
Also aus der Traum, einmal ein fliegender Hollaender zu sein, und schliesslich nach 100 Kurztelefonaten (mit meinem Prepaidtelefon) und den diversen Hotlines anderer Autovermietungen ein Treffer – zu 95% ein Audi A4 in Giesing.. (Da wo ich ja gerade herkam…)
Nun ja, besser als nichts, also flux auf die Raeder und zurueck nach Giesing.
ich haette zu diesem Zeitpunkt sogar ein Gogomobil genommen und waere mit Papa’s alten Dachgepaecktraeger und Fahrraedern + Uebergepaeck nach Rostock gefahren..
An der Autovermietung angekommen – na klar – kein Audi A4 da..
Aus unerklaerlichen Gruenden wollten sie uns die einzige am Hof stehende Limousine (S Klasse) unter fadenscheinigen Ausreden nicht geben und so nahmen wir gezwungenermaßen ein Baustellenfahrzeug Typ Fiat Stilo und konnten dann endlich um 21 Uhr aufbrechen.
Ich sag euch, es war ein Hochgenuss auf dieser „nichtverstellbaren“ 3er Sitzbank vorne zu sitzen. Unter fadenscheinigen Vorwand (nein Mr. D, – ich bin ueberhaupt nicht muede…) zog ich es dann vor, Mr. D. nach 300 Kilometern das Steuer aus der Hand zu nehmen und die letzten 500 km auf dem einzig verstellbaren Fahrersitz mit allem – was die Kiste hergab – Rostock entgegen zu eilen.
Um 5:50 kamen wir dann an der Autovermietung Rostock an, noch schnell 1 1/2 Stunden bequem (huestel) im bequemen Baustellenfahrzeug gepennt und dann um 7:00 mit den Raedern los Richtung Auto-Faehre.
Bloederweise versagten unsere nautische Faehigkeiten etwas und so konnten wir – trotz zwei hochmodernen GPS Geraeten – den Faehrenhafen erst kurz vor 8:00 erreichen.
Die Laderampen waren schon oben, checkin ist wie bei Flugzeugen eine Stunde zuvor – und die kuehle blonde Dame an der Kasse schien auch nicht sehr empfaenglich fuer das bisschen Charme zu sein, was ich noch imstande war aufzubringen – hatte dann aber wohl Mitleid mit den 2 heruntergekommenen unrasierten Landstreichern mit den fiesen Augenringen und griff zum Funkgeraet..
Wieder mal Glueck gehabt, die Landungsbruecken gingen runter und wir rauf auf den Dampfer – Richtung Schweden..
Was haette ich jetzt alles fuer eine Kóje getan – aber Mr. D. meinte, so ne Koje waere echt teuer – und in Anbetracht das unser Lieferwagen das dreifache des urspruenglich bei Sixt bestellten Wagens gekostet hatte, wollte ich auch nichts mehr sagen..
Auf dem Schiff stellte sich dann raus, das die Koje nur 30 Euro gekostet haette..
Egal:
Ich hab im Speiseabteil mit Kopf auf Rucksack geschlafen, und weiss der liebe Gott, ob ich besser ausgeschaut hab als Kuhjo, dieser grosse sabbernde Bernhardiner aus Steven Spielbergs Horrorfilm…
Ein paar Tage später:
Nun ja, jetzt ist ja wieder alles gut. Wir sind heute vom schwedischen Trelleborg rueber auf die daenische Insel Borghom gejettet und auf einem 3 Sterne Campingplatz gelandet.
Mittlerweile haben die Muecken mal wieder aufgegeben ohne anzuklopfen in mein Zelt einzudringen und ich habe das tiefe Brummen meines Zeltnachbarn mit meinem Herzschrittmacher synchronisiert.
Es faellt mir auch nichts mehr ein zu schreiben, also bleibt mir nur zu sagen:
Liebe Freunde und mitleidende Kollegen,
ich vermisse euch und die laut Wetter-Ticker schoenen 30 Grad warmen Tage in Muenchen.
Aber ehrlich gesagt: Die Antarktis – aehh, ich meine Schweden/Daenemark haben ja auch etwas schönes.
Vielleicht fahren wir ja auch noch nach Lettland, dort ist es wahrscheinlich auch nicht kälter.
Bis die Tage
Liebe Gruesse,
Euer Marci
P.S. Bei IKEA hatten die doch vor kurzen in einer Werbung gesagt:
‘Ganz Schweden feiert Midsommer’
Naja, also wir waren da… aber ganz Schweden war wohl im Urlaub!!!!
Bericht Nr.2
Hallo ihr lieben,
da bin ich wieder. Heute ist Montag Nacht, der 4. Tag unserer (noch nicht) spektakulären Reise…
Spektakulaeres – oder besser ‘Sensationelles’ wie Tim Melzer immer wieder gerne in seinen Kochsendungen als Schlagwort fuer etwas aussergewoehnliches verwendet hatte war heute nichts.
Als gezwungenermassen selbst ernannter Kuechenchef dachte ich mir am Nachmittag: Jetzt ziehst du Dir heimlich eine Fettbemme (Ostdeutsch: Butterbrotsemmel) rein.. Gesagt, gedacht geschnitten..
Wahrscheinlich passieren die meisten Unfaelle mit stumpfen Messern.
Gott sei Dank erinnerte ich mich an meine alte Feuerwehr Rettungstaucher- und Sanitaetersausbildung und konnte mich schnell selbst versorgen, denn Mr. D.tat das, was er scheinbar am liebsten an unscheinbaren Tagen wie diesen tut:
Um 16 Uhr schlafen.
Nun – wir sind immer noch auf diesen einen Campingplatz in Bornholm naehe der Stadt Roenne, das Wetter ist mies und fuer heute war ein Sonnwendfeuer in Roenne angesagt.
Nicht das mich ein 5 Meter hohes Feuer dazu bewegen koennte, noch einen Tag laenger in Sibirien zu verweilen, aber nach der Miesere mit dem Midsommerfest in Schweden, wollte ich Mr. D. die Freude goennen und zuegelte meinen stetigen ‘ich-will-raus-aus-dieser-Hoelle Fortbewegungsdrang.
Letztendliche Aenderung zum Vortag war eigentlich nur das noch lauter gewordene tosende Meer, die mittlerweile nicht mehr vorhandenen Muecken – wahrscheinlich weil sie erfroren oder schlichtweg vom Winde verweht wurden..
Also haben wir mehr- oder weniger den ganzen Tag dahin gesandelt, ich habe zum 5. Mal meine Radlertaschen einraeum-technisch optimiert und auf den Sonnwendabend hingefiebert.
Um 18:30 Uhr kaempften wir uns mit dem Fahrrad bergab Richtung Sonnwendfeuerplatz. Echt eine empfehlenswerte Erfahrung, wenn man einen Berg runterfaehrt und dabei noch treten muss – damit man runterkommt..
Um 20 Uhr sollte dann das Feuer angezuendet werden und so standen wir recht lange motivationslos in der immer groesser werdenden Menschen-Menge.
Mittlerweile haette ich mich auf das waermende Feuer gefreut – bei 9 Grad und 3 Stunden spaeter einem Wind trotzen, der in Bayern wahrscheinlich Katastrophenalarm ausgeloest haette ist ja auch nicht gerade jedemanns Sache.
Nunja, aus dem Feuer wurde nichts – ihr duerft raten:
Zuviel Wind..
Ich wollte der Feuerwehr schon einen Pakt mit dem hiesigen Bierlieferanten und der Wuerschtelbude unterstellen, eine Hinhaltetaktik um den schleppenden Konsum anzutreiben, aber Mr. D. konnte meine aufkommenden Hitzewallungen noch vor groesseren Blessuren (ausser Frostbeulen) bewahren, zudem die daenischen Jungs von der Feuerwehr auch nicht wie leichte Hemden ausgeschaut haben..
Also sind wir recht verfroren wieder zurueck zum Campingplatz gefahren.
Zum Schluss gab es dann doch noch ein Highlight:
Bergauffahren ohne merklich treten zu muessen…
Tip:
Falls ihr auch mal eine laengere Zeit im Packeis aushalten muesst:
So ein Windows Mobile PDA (mein Handy)…
… ist neben Reiseschreibmaschine für den Blog „ein ausgezeichneter Fingerwaermer“, wenn man WLAN, Bluetooth und GPS gleichzeitig einschaltet.
Bis die Tage und liebe Gruesse, Euer Weltenbummler Marci P.
P.S.
Fuer mehr reicht es heute nicht mehr, wir sind heute am 5. Tag tatsaechlich weggekommen und Mr. D hat mich radeltechnisch gnadenlos fertiggemacht und mir vielleicht sogar noch das Leben gerettet.. Dazu aber mehr die naechsten Tage
Bericht Nr. 3
Halli Hallo,
Da bin ich wieder.
Heute ist Mittwoch Nacht, der 6. Tag unserer spektakulären Reise. Mittlerweile sind wir weitergezogen und haben einige Anhöhen und Täler hinter uns gelassen.
Heute hatte mir ein dänischer Felgenkiller… (ein Fahrradstaender wo man den Vorderreifen reinschiebt) die Felge ruiniert. In meinem jugendlichen Leichtsinn glaubte ich vor einer Eisdiele mein ca. 40 kg schweres Fahrrad in solch einen parken zu muessen, doch ich hatte die Rechnung ohne den Wind gemacht. Grosse Suenden bestraft der Herr, kleine (Eis essen) sie Schwerkraft. Auf jeden Fall hat Mr. D. den 8er so gut wie moeglich wieder rausgezogen. Lebensretter halt So konnten wir noch bei herrlichen Sonnenschein ueber traumhafte Insellandschaften fahren. Zuhause werde ich wohl trotzdem das ganze Vorderrad ersetzen muessen
Donnerstag: Spaziergang am Vormittag ueber die Duenen, Nachmittag Planung des Aufbruchs, den Regen und Temperatursturz meldeten sich an. Polen ist leider aus der Planung rausgefallen, da keine Faehrverbindung fuer Freitag verfuegbar war.
Freitag: Frueher Aufbruch um 12 Uhr (lange geschlafen, ausgiebig gefruestueckt, dann unter Regen und Sturmboejen die letzen 50 Kilometer zurueckgelegt (Bornholm komplett umrundet) und dann die Faehre nach Koege (Daenemark) gebucht. Kurz vor der Abfahrt haben wir dann umdisponiert und sind mit der 22 Uhr Faehre nach Sassnitz (Ruegen) uebergesetzt. Um 1:30 waren wir dann am Sassnitzer Faehrhafen und sind in stockfinsterer Nacht auf seelenleeren Strassen nach Binz geradelt. Sehr interessant, nachts an einem der laengsten Nazi Bauten (5km) entlangzuradeln. Die Feriensiedlung ‘Prora’ wurde zu Beginn des 2. Weltkrieges fuer bis zu 20.000 Kinder geplant.. Wahnsinn – und nachts schon sehr gespenstisch.. Den dort gelegenen Campingplatz haben wir natuerlich nicht gefunden, also haben wir uns recht planlos an der Binzer Strandpromenade aufgehalten und den Sonnenaufgang mitgenommen.
Nach Sonnenaufgang
sind wir dann durch die wunderschoene Mecklen-vorpommerische Landschaft gefahren und sind in Goehren gelandet, wo wir dann um 8 Uhr auf einem ‘Regenbogen’ Campingplatz gestrandet sind.
Klar, jetzt hiess es nur noch Zelt aufbauen, reinfallen und Augen zu Um 2 Uhr waren wir dann wieder einigermassen fit, und sind dann das erste mal auf unserer Reise Essen gegangen. Sehr fein und nicht zu teuer. Ist aber auch der erste Campingplatz den ich kenne, der eine AG ist .
Sonntag:
Heute haben wir Allgemein-Bildung betrieben. Wir haben die Fahrraeder stehen lassen und sind mit dem rasenden Roland (eine Schmalspur Dampflok Eisenbahn die zwischen 20-30 km/h macht)
nach Binz zurueckgefahren und von dort aus mit dem Bus weiter zu der tw. verfallenen Feriensiedlung Prora.
Dort hab ich Mr. D. durch alle Ausstellungen durchgezogen, also die Geschichte von Prora damals bis heute, dann noch durch ein NVA Museum, ein Wiener Kaffeehaus, und natuerlich in Sassnitz durch ein englisches Uboot der 60er Jahre, das dort vor Anker liegt.
Danach sind wir nochmals kurz durch Binz geschlendert (aehm – eher geschlichen – da uns die Beine von den Museen so weh taten) und haben dann natuerlich den Rasenden Roland nach Hause verpasst. So sind wir erst zur zweiten Halbzeit wieder im Camp gewesen, aber war ja dann auch nicht so schlimm, hatten ja nicht viel verpasst.
Montag:
Aufbruch vom Camp in der frueh, und los Richtung Usedom bei strahlenden Sonnenschein. Eins muss man Vorpommern schon lassen: Wenn man die richtigen Wege faehrt wird man mit wundervollen Landschaftseindruecken rund um die Ostsee belohnt. Und dazu kommt, das man z.T. ganz alleine ist. Sehr romantisch, und laesst es das Maennerherz doch hoeherschlagen, mit etwas Melancholie, der letzte Mohikaner auf dieser Welt zu sein – Ein Mann eben und seit Bike – aehh – Drahtesel. (wieher)
Bis Usedom haben wir es dann heute doch nicht mehr geschafft, kurz hinter Greifswald war dann Schluss. Nun sind wir auf einem alten Bauernhof Campingplatz und nicht weit von mir schreit ein Kauezchen. Alles in allem sehr idyllisch, laesst schnell die Strapazen vergessen
So, das wars schon wieder
P.S. Nicht immer alles so woertlich nehmen was ich so schreibe, ist manchmal auch
einfach etwas Schalk dabei
(Weil manche Leute die letzten Emails sehr dramatisch empfunden haben und mir angeboten hatten, mich mit dem Hubschrauber auszufliegen
Bericht Nr. 4
Halli Hallo,
Ein neuer Tag und Zeit, mal wieder die Emailmaschine anzuschmeissen. Heute ist Freitag
abend und zwischenzeitlich haben wir wieder eine Menge erlebt Aber fangen wir mal von vorne an…
Dienstag:
Wir sind auf der Insel Usedom und fahren direkt an der Kueste entlang Richtung Polen. Strahlender Sonnenschein und Temperaturen, die einem von der Eiswueste in Schweden trauemen lassen. (Grins)
Heute musste ich auf den Ostseeradelwegen das einsetzen, was ich zuvor in unzaehligen Ralley- Einsaetzen auf sandigen Untergrund gelernt hatte: Driften.
Natuerlich hatte ich nicht damit gerechnet, das auch mal auf einem Fahrrad einsetzen zu muessen, aber (Ost)See- Radelwege sind halt anders als unsere – d.h.. teilweise sehr versandet. Und damit sind wir gleich beim Thema:
Das profe(s)sorisch reparierte Vorderrad meldete das Ende seiner Tage an, genauer gesagt: Einzelne Speichen verabschiedeten sich mit einem metallischen Singsang.
Mr. D. reparierte mal wieder das – was noch zu reparieren war und wir zogen es vor, den Kuestenradweg Richtung Landesinnere zu verlassen. Bei einem Radelhaendler tauschte ich dann mein ehemals hochwertiges XT Vorderrad gegen Unterklasse Deore ein und tauschte auch gleich meine Pedale, die durch meine Standman(n) reifen Drifteinlagen Lagerschaden erlitten hatten.
40 Kilometer und spaet am Abend erreichten wir dann die Stadt Ueckeritz wo sich die Kaiser Seebaeder meilenweit erstrecken. Tourismus an der Schnur sozusagen, wunderschoene Villen im Kolonialstil und dazwischen der laengste Campingplatz den ich jemals gesehen hatte: 4,5 km lang.
Was ich vergessen hatte zu erwaehnen:
Zu aller uebel sind wir jetzt ‘Stromlos’ bzw. rationiert.
Am Morgen hatte Mr. D an seiner selber entwickelten Dynamo-Akkulademaschine einen Draht verloren, und am Nachmittag uebte sich mein Solarlader auf Kopfsteinpflaster in der olympischen Solarladerweitwurf Disziplin.
Die Gummis mit dem ich mein HIGHTECH Marci-ist-unabhaengig Solarlader auf der Lenkertasche befestigt hatte, versagten unter Kopfsteinpflaster und vorzeitiger Alterung durch UV Licht ihren Dienst: Ergebnis: Solarpanels gebrochen. Naja…
Der Herr gibt,der Herr nimmt…
Mittwoch:
Wir verlassen am morgen den Ort des Fluches und preschen voller Elan (keuchend und schwitzend) entlang der Kueste nach Polen auf. Sehr interessant, wie sich das Bild hinter dem mittlerweile nicht mehr vorhandenen Schlagbaum in den Duenen veraendert. Nicht unbedingt ein Kulturschock, aber eben schon ganz anders.
Wir folgen den vermeindlichen Kuestenradweg – Waren etwas ueberrascht ueber diese vielen polnischen (nicht verstaendlichen) roten Schilder im Wald.. Schilderwahn der deutschen auch in Polen?
Naja – irgendwann begegneten uns auch keine anderen Radfahrer mehr und die Panzerwege wurden immer sandiger. Zu allen Ueberfluss stuerzten sich jetzt auch noch (Riesen) Muecken auf uns – die noch mit siegessicherer Miene herausgezogene Authanflasche – versagte vollkommen ihren Dienst.
Ab jetzt hiess die Parole: Jeder ist auf sich selber gestellt und jeder schaut für sich alleine das er mit seinem Schwerlastrad irgendwie rettendes Land gewinnt.
Treffpunkt irgendwo, nur nicht hier in der Wald-Sumpf-Muecken Hoelle. Also hat jeder Gas gegeben, (soweit das ging), bzw. geschoben, gerannt, vorbei an Panzerrampen, verlassene Kasernen und anderen seltsamen Militaereinrichtungen.
Was sich wohl die Crew des aufsteigenden polnischen Militaerhubschraubers gedacht hat? Vielleicht: Mensch sind die bloed die Deutschen…
Ja, genau das muessen sich die Soldaten gedacht haben, die aus der Ladeluke des über uns fliegenden Hubschraubers heruntergegrinst haben… „…die Grenzen sind doch offen, das muss man doch nicht als Radl-Tourist getarnt durch das polnische Wald-Sumpf-Muecken-Hoelle verseuchte Militärgebiet durch..
Auf jeden Fall kam ich dann irgendwann getrennt von Mr.D auf einer grossen Lichtung an und von Mr.D war keine Spur weit und breit – und ich natuerlich kein Plan wo ich bin.
Meine Rufe zurueck in den Wald blieben unbeantwortet, also liess ich mein Fahrrad auf der Lichtung zurueck und rannte unter lebengsgefaehrlichen Bedingungen (naemlich die auf mich wartenden Riesenmuecken) wieder zurueck in den Wald und vorbei an den Kasernen, verlassenen Einrichtungen usw.
Irgendwann hoerte ich dann Mr. D, rannte zurueck holte mein Fahrrad und erreichte Mr. D eine Viertelstunde spaeter.
Leider fuehrte kein Weg aus diesem menschenfeindlichen Areal heraus (ausser den, den wir gekommen waren) und so zogen wir es vor, eine 4 spurige Eisbahnlinie zu ueberqueren. Die polnischen Eisenbahnarbeiter staunten nicht schlecht als wir (harte Maenner imitierrend) aus dem Dickicht auftauchten.
Nach diesem Abenteuer zogen wir es vor, unseren Kurs wieder Richtung Heimat zu lenken und schlugen Stunden spaeter in dem 1. polnischen Seebad Swinnemuende auf, wo wir auf einem ! Bewachten ! Campingplatz mitten in der Stadt unsere Zelte aufbauten. Dort lernte ich dann die Vorzuege von wenig Wasserdruck, oeffentlichen Duschen, wackeligen Campingtischen und Toiletten mit 1qm kennen.
Alles sehr interessant. Wir hatten uns sogar nochmals aufgerafft und die Stadt besichtigt. Zur spaeter Stunde sind wir dann noch in eine Strandbar eingekehrt und ich habe 2 kleine Bier getrunken, naja, fast zumindest – ein Viertel davon hab ich ueber Mr. D´s Hose geschuettet)
Damit war dann der Abend gelaufen und wir sind mehr oder weniger nuechtern zurueck zum Campingplatz gedackelt. Natuerlich wollte der Wachmann die 2 besoffenen nach Bier stinkenden baertigen Landstreicher nicht reinlassen, (wir hatten keinen Passier-Ausweis des Campingplatzes bei der Anmeldung bekommen) und dann wurde die Dame des Hauses aus dem Bett geklingelt und nach einem 1/2 stuendigen Konversationsversuch in manierlichen Baustellen Deutsch/Englisch und von unserer Seite der Versuch manierlich souveraen auszuschauen wurden wir dann doch eingelassen.
Am naechsten Morgen haben wir dann ein polnisches Fruehstueck von einer missmutig wirkenden polnischen ‘Mama’ serviert bekommen:
Polnische dicke Knoblauch-Bratwurscht mit geduensteten Zwiebeln, Senf, Brot und Kaffee.
Da hat dann die Abreise aus Polen Richtung Mecklenburger Seeplatte im nachhinein nicht so weh getan:
Wir hatten mit dem Aufstoßen bis zum Abend etwas davon
Die Gastfreundschaft in Polen war trotzdem sehr nett, nur etwas anders, als wir uns das anfänglich wohl vorgestellt hatten. Andere Laender andere Sitten 😉 Die kurze Zeit in Polen hat mir auf jeden Fall sehr gut gefallen und das naechste Mal werden wir besser vorbereitet sein. In dem Sinne: Kichnieciu (Prost)
Donnerstag und Freitag:
Durchbruch ueber Stadt Usedom nach Ankram und heute abend an der Mueritz (Stadt Waren) angekommen. Hier bei der Seeplatte werden wir uns jetzt erst mal erholen und schauen was der morgige Tag mit sich bringt.
Ich hab schon viele Ideen, Kajak fahren, Hausboot mieten und damit nach Berlin fahren, im Wald rumstrolchen und Tiere angucken oder oder…
Mal gucken was Mr. D. morgen so dazu sagt
Liebe Gruesse,
Euer Weltenbummler Marci P.
Bericht Nr. 5
Hallo daheimgebliebene,
Alles hat mal ein Ende – und so auch die Abenteuer des Marci P….
Die letzte Woche war meist regnerisch.
Aber fangen wir dort an, wo wir das letzte mal aufgehoert haben zu schreiben:
Oder… (Scratch auf der Schallplatte)
Edit: Now Mr.D schreibt den Directors Cut
Wir sitzen nun in einem Cafe an einen Fluss in Lüneburg.
Wie es dazu gekommen ist ?
Nachdem Marci sich geoutet hatte (er war noch nie in der Lüneburger Heide), war das nächste Ziel schnell ausgemacht.
Entgegen meinem Rat, einer auschliesslich aus Frauen bestehenden Radlgruppe zu folgen (Bemerkung der Redaktion Marci p: „Alice Schwarzer Gruppierung“), die uns gleich mitnehmen wollten – wahrscheinlich wegen Marcis Dackelblick) fuhren wir in die andere Richtung. Es schien uns nach keuchenden Kriegsrat halten (wir fuhren hinter den Damen hinterher) zu gefaehrlich, den amazonengleichen Damen zu folgen, vielleicht waere dies das Ende der Reise gewesen.
Wieder verfolgt von blutgierigen Stechmücken, fuhren wir also an das westliche Ende der Seenplatte entlang. Bis dahin geschah nichts dramatisches.
Entsetzt stellte Marci P. fest, das wir nach 75 km in eine Unwetterfront geraten waren.
40 km vor unserem Ziel war keine Bleibe zu finden, auch eine Uebernachtung im Bahnhof war dank verschlossener Tueren nicht moeglich.
Den weiteren Teil darf die Redaktion Marci P. fortführen, da er gerade die Gelegenheit nutzt um…
(Marci P. schreibt jetzt wieder)
Kurzum:
Als es immer spaeter und dunkler in der Praerie wurde, zogen wir es vor, mit der letzten Bummelbahn zum naechstgroesseren Bahnhof zu fahren.
(Bild: Marci beim schreiben seines Reiseberichtes auf einem PDA)
Ein eilig zusammengerufener Krisenstab (also Mr. D. und ich) entschied als letzten Zufluchtsort die Unterkunft von Reinhard M. in Berlin anzusteuern, ein ehemaliger Kunde und mittlerweile ein sehr lieb gewonnener Freund, der uns auch sofort Unterschlupf in seiner noblen Wohnung anbot. Reinhard hatte viele Jahre vor mir ebenfalls Radeltouren unternommen, allerdings vergleichsweise nicht mit den technischen Raffinessen, die uns heute zur Verfügung stehen:
Spaet nachts kamen wir in Berlin an, ein riesengrosses ‘Hallo’ und wie immer war bei Reinhard ‘Full House’ geboten, da seine netten Verwandten aus Wien da waren.
Es wurde eine kurze Nacht – Man(n) hatte sich viel zu erzaehlen. [Reinhard 1958 auf Radeltour]
Am naechsten Morgen nutzten wir Reinhards Gastfreundschaft und machten Sightseeing. Das fing mit einer Einladung durch Reinhard an:
Austern Essen in dem Nobel-Kaufhaus KaDeWe.
Hervorragend, was uns da alles (unbekanntes) aufgetischt wurde. Anschliessend zockelten wir auf eigene Faust durch Berlin und erledigten notwendige Wartungsarbeiten bzw. Reparaturen an unserem (eigentlich meinen) Equipment:
Rasierer und Solarlader. Dazu waren wir auf dem ehemaligen AEG Firmengelaende – wo auch die Solarladerfirma residierte. Sehr beeindruckend und leer – das Gelaende – erinnerte an die leeren Siemens Werke in Berlin, wo man sich hoechstens aufgrund der Groesse vorstellen kann wie dort mal ein geschaeftiges Treiben stattgefunden haben muss.
Am naechten Morgen verabschiedeten wir uns von Reinhard und fuhren mit dem Zug in die Lueneburger Heide. (Danke lieber Reinhard fuer das Taschenmesser, konnten wir gleich zum reparieren der Kamera gebrauchen)
Reinhard gab uns einen kleinen Tip mit einem kleinen vertrauemten Reiterhof Heide-Hotel und ich hatte die Hoffnung das die Regenschauer wieder aufhoeren wuerden, vielleicht um einen kleinen Ausritt zu wagen. Dort wurden wir am Abend von Reinhards Mutter Jutta empfangen, die uns mit ihren stattlichen Alter von 95 Jahren eine Menge interessanter Dinge erzaehlen konnte. Wir staunten nicht schlecht ueber die vitale Dame.
Am naechsten Morgen schien die Sonne und Dirki forderte den Aufbruch. Nach einer kurzen Runde im Waldschwimmbad des Hotels mit Reinhards Mutter, (die mich eigentlich „gut trainierten Radler“ nach einer Schwimmbahn sowas von schwimmtechnisch abgeledert hatte, das ich beinahe vergass an das gute im Menschen zu glauben, hiess es dann Abschied nehmen und Aufbruch Richtung Lueneburg.
Neben zwischenzeitlichen Regenschauern wurde auf unseren letzten Etappe nochmals ordentlich Muskelkraft abverlangt, wahrscheinlich die groessten Steigungen unserer gesamten Fahrt. 78 km spater und am Abend erreichten wir dann Lueneburg und den einzigen Campingplatz vor Ort. Und damit sind wir im heute:
Da uns die Strecke Lueneburg -> Hamburg als Schlussetappe bei dem Regen als zu gefaehrlich erschien, beschlossen wir den letzten Tag vor der Abreise in Lueneburg zu verbringen. Wir starteten am Morgen und besuchten das Salz Solewerk Museum, eine 50er Jahre Ausstellung, den Dom, das Steakhouse und bewunderten die alten Gassen und Haeuser. Am fruehen Abend kehrten wir nochmals in ein Strassencafe ein, was wir dann irgendwann aber per Taxi Richtung Campingplatz verlassen mussten, da der Regen den Aufenthalt unertraeglich machte.
Nachdem wir unseren Campingplatz (aehh Camping-See) erreicht hatten, musste ich feststellen das die Angaben auf meinem Zelt mit ’3 Meter Wassersauele – Wasserfest’ irgendwie anders gemeint sein mussten – vielleicht meinte der Hersteller auch: Da passen 3 Meter Wassersauele hinein… Naja, ich habe dann mein Zelt auf eine Anhoehe gezogen – Besser von der Isomatte beim schlafen runterrollen, als die Isomatte als Luftmatraze auf Wasser zu nutzen.
Fuer morgen haben wir dank Vitti bei Sixt einen Passat gemietet, damit geht es dann zurueck nach Muenchen. Vielleicht haben wir ja etwas mehr Glueck und es passiert nicht mehr etwas unvorhergesehenes.
Die einzige Frage für heute Nacht und in Anbetracht des Wetters bleibt:
- Wo wird morgen Mr. D sein?
- Wird der reissende Strom Mr. D zurueck an die Ostsee spuelen?
- werden die Heringe vielleicht doch im Matsch halten?
Fragen ueber Fragen…
In diesem Sinne wuenscht euch euer Marci P. (und Mr. D, der gerade krampfhaft versucht auf seiner Isomatte so zu liegen, das er nicht davonschwimmt) Live aus dem Trommelregenzelt und eingemummt in Oelzeug eine wunderschoene und warme kuschelige Nacht.
Trotz all den Strapazen und kleinen Pannen war es ein toller Abenteuerurlaub, ein Urlaub der harten Maennern (wie uns) eine Menge Gespraechstoff liefern wird –
– nämlich eines Tages, an einem anderen Ort zu einer anderen Zeit in einem anderen Zelt.
Vielleicht auch an einem waermenden Lagerfeuer, wo auch harte Maenner (so wie wir) schonmal beim schwaermen feuchte Augen bekommen duerfen…
Vielen Dank an euch alle für die mitfühlenden Emails, Beileidsbekundigungen um jede Tag- und Nachtzeit und die Option uns mit einem Hubschrauber aus dieser Hoelle auszufliegen.
Bald bin ich wieder zuhause bei euch, meine lieben Freunde und Kollegen und wenn es
wieder – wie bei unserer Abfahrt aus München – bei lauen 20 Grad regnen sollte, werde ich nackig auf der Strasse tanzen 😉
Euer Weltenbummler Marci