Ich bin dann mal wech –  jetzt aber 3.0

Sensation:
Nach Harpe und Flemming geht (fährt) auch Marci jetzt den Jakobsweg!


Was macht hier den dezenten Unterschied?
– Marci hat keinen Plan.
Kann das gut gehen?
– Wir werden sehen.

Tag 1 Lion -> Saint Pierre de Bouef

Am Morgen um etwa 8:30 total übernächigt den Flixbus verlassen und das Fahrrad wieder notdürftig zusammengebaut. (Es mussten ja für den Radträger alle Taschen runter und auch mein 760mm Lenker musste gedreht werden)

Natürlich habe ich in diesem Zustand den Lenker nicht wieder sauber gerade gekriegt, was in einer etwas bescheuernd aussehenden Fahrweise ausgeartet ist.
Nachdem ich in Lion erst mal 1 Stunde völlig planlos versucht habe aus Lion rauszukommen, weil ich irgendwie kein Verkehrsschild richtig deuten konnte, erreichte ich doch irgendwann den richtigen Arm der Rhone und los ging es.
(Tja, man sollte sich vielleicht vor der Tour mal mit seinem neuen Garmin Edge GPS Gerät beschäftigen)

Etwas außerhalb war ich dann beim Aldi auf dem Parkplatz zum Essen, worauf ich von zwei älteren Herrschaften als Tour de France Fahrer verwechselt wurde.. (Also ich hab noch nie einen Tour de France Fahrer mit einem Bodymass Index Ü30 gesehen).
Nachdem sie Fotos von mir gemacht hatten und ich natürlich kein Wort verstanden habe, drängte ich auf ein Goodby.

In der Hitze des Gefechts hab ich schon einen schmerzlichen  Verlust zu melden:
Meine Radlerbuxe, die ich heimlich anziehen wollte, liegt jetzt immer noch auf der Bank vorm Aldi. Alles in allem ein guter Tag, um kurz vor 16:00 hab ich dann einen Csmpingplatz angesteuert, nach 60km war ich ziemlich platt..

Das war der Doppeldecker Flixbus

Das steinerne Meer, wo ich langsam gemerkt hatte, das ich nicht mehr so fit bin…

Tag 2 Auffi auf die Berge

Gestern hatte ich noch gefrozzelt, das ich als erster Aufwachen und die anderen zwei netten Bekanntschaften am Campingplatz aufwecken würde.
Natürlich waren beide schon vor mir wach und grinsten süffisant, man habe ja überdeutlich gehört, das ich noch schlafen würde.

Ja, ich bin schlecht weggekommen vom Campingplatz und zu allem Übel ging es auch noch gleich nach oben. Gut das ich mir nicht den restlichen Höhenverlauf der Strecke angeschaut hatte, sonst wäre ich gleich wieder abgedreht. Allerdings wurden die Höhenzüge mit einer wunderbaren Aussicht belohnt, was mich aber nach etwas mehr als 30km auch nicht mehr erfreut hat. Total unterkühlt und mit einigen Gehpassagen, weil einfach nichts mehr ging, bin ich in dem kleinen Campingplatz Camping Les Regnieres angekommen. Ich habe mir ein Pilger Chalet gegönnt für 18€. Zum Essen gab es leider nix, aber der Herbergsvater hat mir alles überlassen, was im Kühlschrank war 🙂

Tag 3 10 Grad, Nebelverhangen und ea geht weiter auffi…

Schön war es in meinem kleinen Haus 🙂 Was braucht man mehr zum leben…

Und natürlich geht es nach dem Campingplatz gleich wieder aufwärts. Ich muss alle 100m anhalten, Pause machen oder schieben. Jaja, wer hatte mir nur den Floh ins Ohr gesetzt
„der Weg ist das Ziel“.. Wenn ich den erwische!

Heute habe ich also viel die Serpentinen hochgeschoben…

Mal war es arschkalt, mal war es unerträglich heiss. Ich habe für 2/3 rauf gefühlt einen 3/4 Tag gebraucht und der letzte 1/3 ging quasi ganz von alleine runter. VIA Fluvia, hieß die Strecke, der ich meistens folgte, teils eine ehemalige Bahnstrecke. (Die unflätigen Ausdrücke, die ich dieser Fluvia am liebsten an den Kopf geworfen hätte, erspare ich euch lieber)

Zumindest bin ich kurz vor Le Pui noch auf einen netten Aussteiger Campingplatz gestossen und hab einen riesen Berg Fritten gegessen. Einen Rotwein hab ich auch noch spendiert bekommen, vielleicht mein erster, gefühlt nach hundert Jahren, aber warm werd ich in diesem Leben mit Wein nicht mehr 😉 Dafür konnte ich nach dem Glas Rotwein wieder flüssig englisch 🙂 Hatte dann auf dem Campingplatz auch noch ein nettes Gespräch mit einem älteren Mann, der sich alleine für 2 Monate auf dem Weg macht, den langen Fluss Loire in Frankreich abzupaddeln.
Echt bemerkenswert, ganz alleine und auch noch deutlich älter als ich. Ich würde mir ja bei so etwas voll in die Hosen machen…

Tag 4 – Le Pui – ich habe zumindest den Kirchturm gesehen

Nachdem ich noch mit dem Border Colli von meinem alternativen Campingplatz liebevoll mein Croissant geteilt und ihn fast totgeknuddelt habe, ging es eigentlich relativ relaxed nach Le Pui.
Am Stadteingang war ne Apo, da wollte ich mir mal Magnesium und Fishermans holen, aber es hat mich niemand verstanden, die Damen haben nur allersüsst gelächelt und so bin ich mit lauter anderem Zeugs aus der Apo raus.
Daraufhin habe ich mich entschieden umzudrehen und Le Pui zu bypassen. Dann ging es noch 30km stetig bergauf, teilweise geschottert und dann war bei mir wieder der Ofen aus. Fazit: Heute 45km 😉 Das wird ja nicht besser. Dafür bin ich jetzt an einem Naturcampingplatz Gegenüber von meinem Zelt, grillt ein Camper. Wie unverschämt, ich fühle mich gerade wie ein Werwolf in einer Dackelgarage, ausser 2 Croissants hat es heute nix gegeben.. Mal gucken ob ich jetzt einen schlanken Fuss bekomme…

Tag 5 – die Zerstörer-Tour

Die letzten 30km gingen größtenteils wieder bergab.

Der Early Morning Wurm fängt den Fisch:

Manno,
wieder die ganze Nacht gefroren wie ein Schneider. Man(n) sollte sein Equipment schonmal testen, bevor mal losfährt.. Heute Nacht hatte ich alles an, was ich dabei hatte und auch noch den Hüttenschlafsack ausgepackt. Dann wurde es zumindest zeitweise wärmer. ich hätte lieber bei meiner altbewährten Isomatte bleiben sollen, die aufblasbare Luftmatratze dämmt nicht, vor allem nicht – wenn ein Elefant wie ich drauf liegt 😉

Nebenbei tut mir mein Hintern bzw. Die Kontaktflächen weh, falscher Sattel oder falsche Radlerhose (oder beides). Wenn man damit am Wochenende auf dem E-Bike nur mal kurz 70km runterschruppt, fällt das nicht so auf. (Hehe, also nun ja – bin ja bisher auch nur einmal geradelt gewesen, dieses Jahr). Hat auf jeden Fall den Charme von kostenlosen Waxing – wenn ihr versteht was ich meine 😉

Aber wie soll ich heute nur die 900hm schaffen…

Der Early abgef**** Abend mit halbtoten Marci

Ihr wollt nicht wissen wie ich die 900hm geschafft habe. Ein schimpfender Rohrspatz hätte von mir noch etwas lernen können.

Auf der Strecke gab es nichts vernünftiges zum einkaufen, also ist es bei einem anderen Campingplatz wieder ein Croissant und ein Café geworden. Und danach ging die Schinderei los. Auf 1500m Höhe war ich mit eigener Muskelkraft sicherlich schon 30 Jahre nicht mehr.

Unterwegs wollte ich mir noch etwas zum trinken kaufen, der vermeintliche Erdbeertrink war dann aber „Schlagsahne“.
Bekanntlich trinkt der T** aehh Marci in der Not trinkt auch Sahne. Und die Not war da, denn auf den Höhenlagen habe ich die 3 Liter Wasser einfach verdampft. (Ja wirklich, musst den ganzen Tag nicht Pipi).
Zum Essen gab es ja nichts und so war die Sahne ein unabsichtlicher willkommener Energy Drink.

Wie ausgedörrtes Fallobst kam ich dann oben gegen 17 Uhr im Europäischen Bison Park an. Wie ein Zombie bin ich in die Ausstellung gestolpert und habe der französischen Verkaufsdame versucht zu erklären das ich dringend etwas zum Essen und Trinken brauchen würde.
Wahrscheinlich hat sie den schwitzenden Landstreicher nicht richtig verstanden, also hat sie mir galant erst mal die Ausstellung gezeigt.
Ich bin dann recht ungelant zur non-verbalen Sprechart übergegangen.
Dabei sind zumindest ein Nutella Muffin und 2 Cola Dosen rausgesprungen.

Vom Bison Park ging es dann größtenteils nur noch Bergab in das Dorf wo Nixda übernachtet hatte. Aber da war schon alles besetzt. Also nochmal weiter in das nächste Dorf und dort in ein Hotel. Dort habe ich dann für schlappe 22€ das Pilgersmenü genommen. Das war meine erste warme Mahlzeit seit Tagen, war überrascht wie gut das Essen war, aber für 22€ kann ich mir trotzdem 11 Bulgur Salate bei Aldi holen 😉

Nach der Schiebepassage hab ich dann oben am Berg gefrühstückt (Kebap). Dort war eine Kirche und ich dachte mir bei dem kleinen mittelalterlichen Häusschen nebendran könnte ich vielleicht meinen ersten Pilgerstempel ergattern, aber bei dem kleinen Häuschen handelte es sich um eine Toilette.. Also wieder nix, mit einem Stempel. Dann ging es wieder höllenschnell Bergab und am Schluss entspannt an der Lot lang.

Tag 7 – Im Zeixhen des Lots

TAG 6 – Racing Tour

Tja, aus dem 75€ teuren Zimmer (Dafür aber ohne Bettzeug) wollte ich eigentlich nicht mehr raus, aber als ich um etwa 6 Uhr morgens aus dem Fenster –  und dem geschaftigen Wochenmarkt- Aufbau eine Weile zuschauen durfte, war klar ich muss hier weg. Kurz darauf war ich schon auf einem Teil des Jakobswegs wie man sich den so vorstellt, zumindest wenn man Harpes Film gesehen hat.

Staubiger Jakobsweg?

Natürlich bleibt so ein Vogel wie ich auf dem Jakobsweg nicht lange unbemerkt und viele Pilger fragten mich warum weswegen und warum mit dem Fahrrad. Dem ersten habe ich erzählt, daß ich endlich mal meine uralte 33 Gigabyte grosse MP3 Sammlung in einem Stück durchhören wolle, dem anderen, das ich Plattfüsse habe und deswegen nicht zu Fuss unterwegs sei. (Stimmt ja auch beides). Mal gucken was mir noch so einfällt, zwei Leute haben auf jeden Fall schonmal ein Foto gemacht, muss wohl etwas besonderes sein.. (der dickmopsige Donkey der oben ohne fährt).

Die Dame hat mich angeblinzelt, ich war sofort verliebt, aber sie wollte dann doch nicht mitkommen 🙁

Heute bin ich zumindest schonmal bei den Anstiegen keine tausend Tode mehr gestorben und bei den 60km/h schnellen Abfahrten mit meinem 20 Jahre alten Klepper auch nicht.

Dunkelrot waren schon grenzwertige Abfahren, aber als die Bremsen angefangen hatten zu qualmen ließ ich es einfach laufen

Die Polizei hatte mich unten kurz vor der Ortschaft rausgewunken (ich brauchte über 100m Bremsweg) und meinte lapidar, warum ich denn keinen Helm tragen würde. Ich meinte dann, ja schauen sie mal mein Rad an… (und zog mir dann doch mal ein Hemd über, schickt sich ja nicht, der ausländischen Rennleitung so die nackige Bierplauze entgegen zu strecken)
… wenn ich mit 60 Sachen einen Abgang mache, ist der Kopf das kleinste Problem.. Dann haben die 2 Cravallos gegrinst, vielleicht aber auch nur, weil sie mich nicht verstanden haben..
Ausserdem, meinte ich dann, ich habe ja einem Helm, als Spoiler. Das Wort ist wohl auch im französischen das gleiche, als ich auf meinen Helm-Spoiler vorne am Rad zeigte.

Helm-Spoiler für die Windschnittigkeit meines Alpen Überquerungs-Crossers.

Achso, ein Ebike Pärchen das mit über 70 auch noch nach Santiago unterwegs ist, verfolgte den dramatischen Anstieg von mir und wartete auf mich oben am Basislager des Himalayas. Stolz wie Oskar machten sie von mir ein Foto wie ich in Kämpfer Pose Wind und Wetter und dem Berg getrotzt hatte. So schauen nämlich Gewinner aus!

Basislager Zentralmassiv Himalaya

So habe ich mir heute Abend nach den ganzen Anstrengungen erst mal einen richtigen Burger reingezogen. Allerdings hatte ich das Gefühl, das man mich bärtigen Landstreicher  gleich wieder loshaben wollte, denn das Abendpublikum war wohl eingetroffen.. Und so blieb mir nichts anderes übrig, als „lone some Cowboy“ in den Sonnenuntergang (oki, in meine Dackelgarage) reinzureiten…

Tag 7 – Im Zeichen des Donners

Fast hätte ich es vergessen…
Ich habe einen meiner 20 Jahre alten Fahrradhandschuhe verloren. Diese Fahrradhandschuhe hatte ich eigentlich auf all meinen Radreisen dabei, aber trotzdem so gut wie nie genutzt. Empfohlen hatte sie mir damals Mr. Incredible, der mich zum Radeln gebracht hat, der mich immer mit auf seine Touren genommen hat, ohne ihn wäre ich wohl damals hoffnungslos verloren gegangen.

Tja, jetzt gibt es aus dieser Ära nur noch mich und mein altes Cube Outback. Für einen 20 Jahre alten Klepper macht es sich eh gut, wenn man bedenkt, daß ich auch noch nie die Federgabel gewartet habe.

Aber nun zum Tal der Lot… Ich radel heute an der Lot entlang, nur ein fieser Berg zwang mich bis Nachmittag eine Stunde zum schieben. Dafür habe ich eine nette niederländische Dame eine Weile begleitet und mein Englisch etwas aufgemöbelt.

Gegen Abend kam ich dann am Campinplatz Coursavy an. Der Besitzer war sehr nett und hat mir einiges über die Geschichte dieses Campingplatzes erzählt. Dann empfahl er mir noch 3km weiter zum Abendessen zu gehen. Gesagt getan, im Restaurant Chez Marie. Es war sehr lecker und mit romantischer Lage draussen.

Plötzlich fing es aber unheimlich an zu winden und zu donnern. Einige Gläser wurden von den Tischen geblasen und mir viel siedend brennend ein, das ich mein Zelt ja nur fliegend aufgebaut – und den Schlafsack übers Zelt zum auslüften gehangen hatte. Also versuchte ich so höflich wie möglich (da französisches Restaurant) zu bezahlen.

10 Minuten später war ich dann draussen und es fing an wie aus Eimern zu schütten und zu blitzen. Ich hatte natürlich nichts regentechnisches dabei, nicht einmal ein Kappi, und so musste ich die 3km einhändig zurückfahren und mit der freien Hand einen Schirm über die Augen machen.
Am Zelt angekommen: Alles unter Wasser und mein Schlafsack war 100m weiter in einer Hecke hängen geblieben… (Gott sei Dank)

Netterweise hat der Chef mir sein Büro überlassen und hat mir auch noch trockene Decken gebracht. Glück im Unglück. Mal schauen wie es morgen weiter geht. Ist ja doch so ziemlich alles irgendwie nass…

Tag 8 – die erste Woche ist rum und Franz scheucht mich über die Berge

Um es gleich mal vorwegzunehmen: Natürlich scheucht mich Franz nicht, ich fahre ihm freiwillig hinterher 🙂 Wenn man keine Ahnung von Routing hat ist man über jede Hilfe dankbar.

Heute morgen bin ich um 6:30 aufgestanden. Hat sich dann doch noch verblüffend gut auf dem Boden schlafen lassen. Ich hatte meinen Daunenschlafsack zum schlafen genommen, dadurch wurde er wieder trocken. Die anderen Sachen waren natürlich nicht trocken, also musste ich jetzt strategisch packen, damit die nassen Klamotten nicht die wenigen trockenen Sachen nass machen würden.

Ich kam dann schon fast nicht mehr vom Campingplatz los, weil sich die niederländischen Gäste so um mein Wohlbefinden gesorgt haben. (Magst Du nicht mit uns im Camper frühstücken und Dich aufwärmen?)
Das hat mich doch sehr bewegt. Ich habe aber auch schon früher auf meinen Reisen stets von Niederländern Hilfe erhalten, sie sind halt die perfekten Camper.

Nachdem ich heute wieder 2 hässliche längere Schiebepassagen drin hatte, erwischte mich in Figeac ein Starkregen und ich suchte in einem Bushäusschen Unterschlupf. Dort stand schon ein anderer Fernradler, ein Franzose. Wir haben versucht uns zu unterhalten und wir hatten zumindest einen Nenner: Wir hatten die DuoLingo App auf unseren Smartphones. Er gab mir seine Nummer, falls ich nichts zum schlafen finden solle. Dann war der Regen vorbei und ich brach zum örtlichen Campingplatz auf.
Ende von dem Tag: Sachen waschen, trocknen, Wunden lecken und hoffen das es morgen wieder etwas besseres Wetter wird 🙂

Irgendwie erinnere ich mich an die mahnenden Worte von Pfarrer Nitz, das ein Monat Training geholfen hätten..

Tja das hat man davon, wenn der Monat dann so dahingeht…

Tag 10 – Auffi muss er.. Auffi

Natürlich am Morgen raus aus der Stadt und gleich rauf auf den Hügel. Der Herr meint es ja nur gut mit mir, denk ich mir, um mir es irgendwie schönzureden. Nachdem ich langsam wegen meinen Verständigungsproblemen eine Abneigung entwickle, irgendwo in eine Bäckerei oder in ein Restaurant zu gehen, esse ich mein Salami Fertig Sandwich von Türken hier bei Hochnebel über der Stadt bei angenehmen 14 Grad und 95% Luftfeuchtigkeit 😉

Hier fährt schon lange nichts mehr. Als alter „lost Places“ Fan hatte ich kurz überlegt, einfach mal den Tunnel von Innen zu bewundern. Hier in der Gegend gibt es sehr viele alte leerstehende oder verfallene Gebäude, wo es sich lohnen würde der Geschichte nachzugehen. Das reizt mich immer daran, die Geschichten alter Gemäuer und deren (ehemaligen) Besitzern nachzugehen, weil es manchmal nicht vergessen werden sollte..

Was für kleine Juwelen überall herumstehen. Scheinbar warten sie nur darauf, das jemand ihnen wieder Leben einhaucht. Auch wenn solche Gebäude schon Jahrzehnte lang leerstehen und langsam verfallen – Die Bauweise ist häufig so massiv, dass man sie in einer Zeit nach unserer Zeit wieder ohne viel Aufwand zum Glanze vergangener Tage bringen könnte

Eines der wohl am besten erhalten Mittelalterlichen Dörfer. Ich bin zumindest daran vorbeigeradelt – aehh meine vorbeigeschoben, habe dafür aber dort oben sehr gut gegessen…

Natürlich in diesem kleinen Lokal wie Gott in Frankreich, 3 Gänge Menü Lecker 🙂

Tag 10 – Querfeldein- Rally bei 14 Grad und permanenten Regen

Nachdem gestern Abend klar war, das es den ganzen Tag regnen würde, war der konventionelle Weg heute keine Option. Also über Komoot den kürzesten Weg mit am wenigsten Aufstieg gewählt. So sass ich quasi die ganzen 60km im Sattel.
In Moissac nass und deutlich unterkühlt angekommen, habe ich nicht lange gezögert und bin bei Michel in seiner wundervollen Pilger-Pension „Le Bon Camino“ untergekommen.
Michel ist sehr sympathisch und hat sein Haus wie ein Märchenschloss eingerichtet. Ich bin sehr beeindruckt, von seinem wunderbaren Geschmack. Eigentlich müsste ich hier länger verweilen, denn ich fühle, das Haus und Michel hätten noch viel zu erzählen.

Tag 11 – Route de Lümmeltüt

Heute ging es schon früh los. Irgendwie war ich dabei traurig, denn die Gespräche mit dem Herbergsvater und der schweizerischen Pilgerin beim Abendessen waren sehr tiefgreifend. Aber die Sehnsucht nach Abenteuer und Freiheit siegten dann doch.
Etwa 80km lagen vor mir und die sind mir nach 10 Tagen radeln überhaupt nicht mehr leicht gefallen.

Ich kann nicht mehr gescheit auf dem Sattel sitzen, da wo die Kontaktfläche zum Sattel ist, ist die Haut entzündet und brennt wie Hulle. Also bin ich die 80km immer in unterschiedlichen Positionen sozusagen „auf einer A-Backe“ abgefahren.

Nachdem meine Gangschaltung auch nur noch mehr schlecht als recht funktioniert, habe ich mir bei einem Fahrradhändler gleich mal eine neue Kette und vorausschauend einen Satz Bremsbelege gekauft.

Außer ein paar kurzweilige Nieselschauer gibt es heute nichts nennenswertes zu berichten. Ich bin kurz vor Condom auf einem Campingplatz gelandet und habe ein Haus auf Stelzen (am Fluss) bezogen. Heute ist nämlich mein erster Waschtag (mit Waschmaschine) und das Merino Wollzeugs soll ja morgen trocken sein.

Tag 12 – der Ofen ist aus

Der nette Mann vom Campingplatz hatte mir gestern Abend wohl aus Mitleid noch 4 Eier und etwas Butter geschenkt. Als ich mich heute morgen darüber hermachen wollte, war das Gas leer. Gestern hatte ich mich entschlossen, weiterhin querfeldein zu fahren. So bin ich heute wirklich an Orten vorbeigekommen, die man so auch nicht immer sieht. Allerdings hat mir das heute nicht viel Freude bereitet, weil ich irgendwie überhaupt nicht in die Puschen gekommen bin.

Morgens war es teilweise noch recht schön un die kleinen Dörfer vor dem EuroVelo 3 (EV3) waren bezaubernd

Und wie man siehst, hat das Pilgern für den ein oder anderen vielleicht schon hier geendet..

Allerdings wollten die Lämmer nicht zum Hirten kommen, es war wohl doch zu gemütlich in der Sonne

Tag 13 – Langsam ernährt sich das Einhörnchen und eine Hommage an die Schlapphüte dieser Welt

Das war gestern schon ein grasser Campingplatz. 4 Sterne, 20€ der Zeltplatz, kein Restaurant oder ein Shop, die Toiletten und Duschen nur überdacht, da hat es natürlich gezogen wie Hechtsuppe. Gestern nacht war es noch recht stürmisch und jetzt weiss ich wieder was ich vor der Abreise noch hätte tun wollen:
Die Nähte meiner Zeltaussenhülle mal wieder versiegeln. Aber es war dann doch nicht so schlimm: Anstatt Schäfchen zu zählen hatte ich einfach die Tröpfchen – die mir immer mal wieder auf die Stirn getropft sind gezählt – Dann bin ich auch eingeschlafen.

P.S.
Hatte ich eigentlich erwähnt, das mein (Dauen) Schlafsack seit der Unglücksnacht Tag 7 fürchterlich muffelt?

Hommage
Ich habe viele Schlapphütte gehabt. Gute, schlechte, schöne, nicht so schöne, zu große und auch zu kleine. Ist gar nicht so einfach einen passenden Schlapphut zu finden. Zudem es auch nicht wirklich viele Fachgeschäfte für Schlapphüte gibt. Dazu kommt noch, das ein Schlapphut fürs Fahrradfahren ganz andere Anforderungen erfüllen muss, als ein Schlapphut für die Regenwälder oder die Tafelberge in Venezuela. Nun ja.
Mein Schlapphut ist irgendwie nichts von beiden. Nicht formstabil, wenn man mit 60 km/h die Berge runter rauscht und auch nicht wasserfest, wenn es runterschüttet. Das einzig gute an dem Schlapphut ist das Schweissband und das er sehr angenehm sitzt und dann auch hält.

Allerdings hatte ich vor 2 Tagen meinen Schlapphut mit in dieses vollautomatische Waschmaschinen-Computer-Roboter-Wunderwerk reingetan. Das war ein Fehler, für meine Radlerhosen und auch meine Merinoklamotten. Die Polster meiner Radlerhosen schmiegen sich jetzt wie eine Damenbinde um meinen Hintern und weichen den vielleicht noch 105kg schweren Hintern aus, da polstert jetzt also nichts mehr.

Natürlich ist es meinem allerliebsten Schlapphut auch nicht besser ergangen, der ist jetzt weichgespült und umwirbt meinen Riechkolben mit dem zarten Duft eines Toilettenspülsteins. Wenn die Hutkrempe davor erst bei 30 km/h nach oben oder unten geklappt ist, baumelt jetzt die Krempe unmotiviert vor meinem Gesicht herum und trägt noch mehr zu meinem Landstreicher-Image bei. Alles an mir riecht jetzt nach Klostein und alles ist weicher als weichgespült.
Ich frage mich wirklich, wie ich noch zwei Wochen mit diesem Schlapphut auskommen soll.. Allerdings muss man ja in Spanien einen Helm tragen, nur deswegen fahre ich dieses sperrige Drum schon 800km spazieren. Bisher hab ich ihn gut als Schutzblechersatz nutzen können.. Immerhin.

Heute habe ich mal airBNB gemacht und bin in einer wunderschönen kleinen Wohnung gelandet. Wirlich toll, nette Gastgeber und Zeit das weichgespülte nochmals zu waschen 🙂

Ansonsten bin ich heute wieder ein Stück auf dem Eurovelo 3 lang gefahren und ich habe auch ein paar andere Reiseradler an mir vorbeihuschen sehen. Ein Reiseradmädchen fragte mich beim vorbeifahren (als ich mal wieder irgendwo hochgeschoben habe) ob ich eine Panne hätte.. Da merkt man dann doch das Alter 😉 Zu Mr. Incredibles Zeiten hätte ich das vielleicht auch zu jemanden gesagt, der sein Rad gerade keuchend und schwitzend das Himalaja hochschiebt.

Tag 14 – Le Hüt weg, Trans Germany Erinnerungen und ein Spielcasino

Eigentlich fing der Tag ganz schön an. Ich wachte um 6 Uhr auf und wurschtelte ziemlich gemütlich mein Zeug zusammen und war dann irgendwann um 8 rum wieder auf der Piste.
Aber: Wo ist nur mein geliebter Schlapphüt abgeblieben für den ich beinahe eine Ode geschrieben hätte? Blickt man forensisch auf die Bilder vom Vortag, wird man erkennen, das er im Flur hängt. Ich war natürlich schon weit weg und es stellte sich mir die Frage, ob es noch ein Leben ohne Schlapphüt geben kann?
Also war ich heute in jedem Supermarkt und Baumarkt, aber es fand sich nichts passendes.

Der EuroVelo 3 ging heute eine ganze Weile an der Autobahn entlang

Ohne Schlapphüt ist die Campagne beendet

Hab mich mal mit Bio Polstern ausgestattet, für den Hintern..

Langsam werde ich Vegetarierer

Und wie man sich denken kann- Schiebepassagen

Naja, weltbewegend war der Tag also nicht. Aber das mich komoot dann auch noch durch einen Bach durchgeschickt hat war grass, aber immerhin noch erfrischend (und ich kam mir vor wie Rambo, der mit seinem Messer das Blutegel weglupft), aber nach dem Bach kamen 60hm nach oben auf einem glitschigen Pfad wo wohl früher mal die Kühe hochgetrieben wurden. Oben an der Strasse total angekommen, war ich total platt, hab aber erst mal blank gezogen und die ganzen Zecken entfernt. Obwohl ich heute wahrscheinlich die 100km vollgemacht hätte, war ich anschliessend so angep***, das ich in das nächstbeste Hotel gegangen bin. Dort hab ich mir die letzte Zecke gezogen… Hoffe ich hab alle erwischt, komm ja nicht überall hin..

Das Hotel ist übrigens ein Casino.

Was ich in Frankreich richtig cool finde: die Deckel der Pfandflaschen: Die bleiben dran, die kann man aufschrauben und wegklappen und anschliessend auch wieder zuklappen und zudrehen. Sehr Umweltfreundlich und auch praktisch finde ich 🙂

Tag 15 – auf dem Weg nach Saint the sheep

Eigentlich hatte der Tag gut angefangen. Aber der Drive war weg und 14 Tage alleine auf dem Rad machen mürbe. Also überlegte ich mir auf der Anfahrt nach St. Jean Piet de Port wie es weitergehen könnte.

In St. Jean Piet de Port angekommen, hatte ich erst mal einen Kulturschock. Hunderte von Leuten, Souvenir-Shops, Restaurants und eine Umgebung die mich an Südtirol erinnerte. Gerade das es kein Apres-Ski gab 😉

Fluchtartig verlies ich die Flanier-Welcome Meile wieder erst mal Richtung Campingplatz

Nachdem am Campingplatz niemand war, fuhr ich erst mal wieder aus Piet de Port raus und fand eine nette Unterkunft etwas im Hinterland. (Hotel Etchoinia) Dort lies ich erst mal die Seele baumeln und meine bisherige Reise Revue passieren. Später im Dorf-Restaurant musste ich feststellen, das die Leute hier ein ganz anderes Französisch sprachen. Baskisch. Also nicht französisch und von den 1% die ich im französischen glaubte zu verstehen, reduzierte sich quasi gegen 0.